In vielen Unterrichtssituationen bleibt wenig Zeit, um auf einzelne Lernstände einzugehen — trotzdem möchte ich, dass alle Schülerinnen und Schüler gefordert und gefördert werden. Schnell differenzieren im Unterrichtsgespräch ist eine Technik, die ich seit Jahren nutze: mit abgestuften Fragen und Aufgaben kann ich direkt im Gespräch drei Leistungsniveaus ansprechen, ohne lange vorbereitete Zusatzmaterialien verteilen zu müssen. In diesem Beitrag teile ich praktische Formulierungen, Beispiele aus verschiedenen Fächern und konkrete Abläufe, die sofort einsetzbar sind.

Warum schnelle Differenzierung im Unterrichtsgespräch wirkt

Das Unterrichtsgespräch ist ein zentraler Ort des Lernens. Wenn ich dort bewusst differenziere, erreiche ich mehrere Ziele gleichzeitig:

  • Ich halte die Aufmerksamkeit der gesamten Klasse.
  • Ich stelle sicher, dass niemand dauerhaft über- oder unterfordert ist.
  • Ich erhalte wertvolle formative Rückmeldungen über Lernstände.
  • Wichtig ist, dass die Differenzierung niedrigschwellig bleibt: kurze, präzise Fragen und Aufgaben, klare Signalwörter für die drei Niveaus und ein Routinemuster, das die Schülerinnen und Schüler kennen.

    Die drei Niveaus — eine pragmatische Einteilung

    Ich arbeite meist mit dieser einfachen Einteilung:

  • Niveau A (Basis): Grundverständnis sichern — Aufgaben, die zeigen, ob die Kernidee verstanden ist.
  • Niveau B (Vertiefung): Anwendung und Transfer — Aufgaben, die das Wissen in neuen Kontexten fordern.
  • Niveau C (Erweiterung): Herausfordernde Aufgaben — kreative oder analytische Aufgaben, die höhere Denkprozesse anregen.
  • Die Formulierungen sollten kurz und handhabbar sein, damit sie im Unterrichtsgespräch spontan eingesetzt werden können. Ich nutze auch Visualisierungen (z. B. farbige Karten, Handzeichen oder eine Skala an der Tafel), damit die Schüler schnell ihr Level wählen können.

    Praktische Formulierungen für das Unterrichtsgespräch

    Hier sind Formulierungsbeispiele, die ich direkt verwende. Die Sätze sind bewusst einfach gehalten:

  • Niveau A: „Erkläre in einem Satz, worum es hier geht.“ / „Nenne das wichtigste Wort und beschreibe kurz, was es bedeutet.“
  • Niveau B: „Gib ein Beispiel aus deinem Alltag.“ / „Wie würdest du dieses Problem lösen, wenn X passiert?“
  • Niveau C: „Vergleiche diese Idee mit einer anderen, die wir gelernt haben.“ / „Was würde passieren, wenn wir Y verändern?“
  • Solche Sätze helfen mir, schnell zu unterscheiden, ob der Lernstand reicht, um sicher weiterzuarbeiten, oder ob ich noch ein kurzes Förderangebot brauche.

    Beispiele aus verschiedenen Fächern

    Damit die Idee konkret wird, gebe ich Beispiele für drei Fächer: Deutsch, Mathematik und Sachunterricht.

    Deutsch

  • Niveau A: „Nenne die Hauptperson und beschreibe kurz, was sie fühlt.“
  • Niveau B: „Finde eine Textstelle, die zeigt, warum die Hauptperson so handelt.“
  • Niveau C: „Schreibe eine kurze alternative Schlussvariante aus Sicht einer Nebenperson.“
  • Mathematik

  • Niveau A: „Berechne das Ergebnis und zeige deine Rechenwege kurz.“
  • Niveau B: „Formuliere eine Rechengeschichte (Sachaufgabe) mit denselben Zahlen.“
  • Niveau C: „Untersuche, wie sich das Ergebnis verändert, wenn eine Zahl verdoppelt wird.“
  • Sachunterricht / Naturwissenschaften

  • Niveau A: „Nenne die drei wichtigsten Fakten zu diesem Thema.“
  • Niveau B: „Erkläre mit eigenen Worten, warum das so funktioniert.“
  • Niveau C: „Stelle eine Hypothese für ein kleines Experiment auf und beschreibe, wie du sie testen würdest.“
  • Vorlagen für schnelle Einsatzmittel

    Ich nutze einfache Hilfsmittel, die wenig Vorbereitung brauchen:

  • Farbcards: Grün = C, Gelb = B, Rot = A — die Schüler halten die Karte hoch, wenn ich frage.
  • Handzeichen: Daumen hoch/seitlich/runter für die drei Niveaus.
  • Sticky Notes: Kurze Notizen werden auf einer Skala an der Tafel gesammelt (A–C).
  • Digital verwende ich gelegentlich Tools wie Kahoot! oder Mentimeter, um schnelle Stimmungsbilder zu bekommen; Padlet ist praktisch, wenn ich kurze Antworten sammeln möchte und sie später als Lernressource dienen sollen.

    Abfolge einer schnellen differenzierten Gesprächsphase (Routine)

    Eine klare Routine spart Zeit und schafft Sicherheit. Meine Standardabfolge dauert meist 5–8 Minuten:

  • Einführung (30–60 Sekunden): Ich stelle die Kernfrage oder das Problem.
  • Individuelle Antwort (1–2 Minuten): Schülerinnen und Schüler wählen Niveau und geben kurze Antworten (mündlich oder auf Karte).
  • Partner- oder Gruppenphase (2–3 Minuten): Kurzer Austausch auf dem gewählten Niveau.
  • Plenumsrunde (1–2 Minuten): Zwei bis drei Beispiele aus den Gruppen werden kurz geteilt.
  • Die meisten Schülerinnen und Schüler wissen nach ein bis zwei Durchläufen genau, wie die Phasen funktionieren — das spart Zeit und erhöht die Qualität der Beiträge.

    Eine nützliche Tabelle: Beispielfragen pro Niveau und Fach

    Fach Niveau A (Basis) Niveau B (Vertiefung) Niveau C (Erweiterung)
    Deutsch Nenne die Hauptidee des Textes. Finde ein Zitat, das die Stimmung zeigt. Schreibe eine kurze Fortsetzung.
    Mathematik Löse die Aufgabe. Erkläre eine andere Lösungsmethode. Verändere die Zahlen und analysiere Folgen.
    Sachunterricht Nenne drei Fakten. Erkläre Ursache und Wirkung. Entwerfe ein Mini-Experiment.

    Tipps für die Praxis — was bei mir hilft

  • Beginne mit klaren Signalwörtern (z. B. „Basis/Vertiefung/Erweitern“), damit die Auswahl schnell fällt.
  • Wechsle die Rollen: Manchmal frage ich gezielt leistungsstarke Schülerinnen und Schüler nach Niveau A, um ihnen Routine im Vereinfachen zu geben und Peer-Lernen zu fördern.
  • Dokumentiere nur kurzes Feedback: Ein Wort, ein Smiley oder ein kurzer Satz reichen, um die nächste Stunde zu planen.
  • Sei flexibel: Nicht jeder Schüler soll jedes Mal auf C arbeiten. Ziel ist gute Lernpassung, nicht Dauerleistungstest.
  • Häufige Fragen von Kolleginnen und Kollegen

    „Wie verhindere ich, dass das System stigmatisiert?“ — Ich achte darauf, dass die Auswahl freiwillig ist und wechsle die Arbeitsweisen. Manchmal bestimme ich das Niveau gezielt als Herausforderung für einzelne Kinder.

    „Muss ich immer alle drei Niveaus abdecken?“ — Nein. In einer kurzen Phase kann es ausreichend sein, zwei Niveaus anzubieten und flexibel auf die Klasse zu reagieren.

    „Wie messe ich den Erfolg?“ — Formative Mini-Checks (kurze Rückmeldungen, Mini-Tests, Portfolioeinträge) geben mir ein Bild. Am wichtigsten ist, ob die Klasse insgesamt sicherer am Thema wird.

    Wenn du magst, stelle ich gern eine druckbare Karte mit konkreten Fragen-Vorlagen für drei Niveaus zusammen — so kannst du sie direkt im Unterricht nutzen. Schreib mir einfach, für welches Fach oder welchen Jahrgang du das brauchst.