Formative Evaluation ist für mich einer der kraftvollsten Hebel, um Lernen laufend zu beobachten und möglichst schnell auf Bedürfnisse der Lernenden zu reagieren. In den letzten Jahren habe ich Google Formulare (Google Forms) intensiv genutzt, um genau das zu tun: kurze Lernchecks, Klimaabfragen, Selbst- und Peer-Feedback oder Exit-Tickets – alles digital, schnell auswertbar und einfach in den Unterricht integrierbar. In diesem Beitrag teile ich meine erprobten Ideen, konkrete Schritte und praktische Tipps, damit du Google Formulare gezielt für formative Evaluation einsetzen kannst.

Warum Google Formulare für formative Evaluation?

Für mich hat Google Forms mehrere Vorteile, die es ideal für den Unterricht machen:

  • Einfache Erstellung und Verbreitung (Link oder QR-Code).
  • Automatische Datensammlung in Google Sheets – keine Zettelwirtschaft.
  • Sofortige Auswertung: Standard-Charts, Filter, oder Zusatztools wie Flubaroo.
  • Verschiedene Fragetypen (Mehrfachwahl, Kurzantwort, Skala, Datum) ermöglichen flexible Checks.
  • Neu: Antworten können anonym erhoben werden – wichtig für ehrliches Feedback.
  • Was überprüfe ich mit Formativer Evaluation?

    Formative Evaluation kann sehr unterschiedlich aussehen. Häufig setze ich Google Forms ein für:

  • Kurze Verständnis-Checks nach einer Stunde (Exit-Ticket).
  • Diagnostische Abfragen zu Vorwissen vor einer neuen Einheit.
  • Selbsteinschätzung der Lernenden (Ich kann/ich brauche Hilfe).
  • Peer-Feedback zu Präsentationen oder Projektphasen.
  • Lernfortschritts-Messungen in Zyklusform: Woche 1 fragen — gezielt üben — Woche 2 erneut prüfen.
  • Konkreter Ablauf: So gestalte ich ein effektives Formatives Check-in

    Ein typisches Exit-Ticket erstelle ich in wenigen Minuten. So gehe ich vor:

  • Fragetypen wählen: 1-2 Multiple-Choice-Fragen zur Kernleistung, 1 Kurzantwort für eine Erklärungsfrage, 1 Skala (z. B. 1-5) zur Selbsteinschätzung.
  • Klare Sprache: Die Fragen sind kurz und auf das Lernziel fokussiert (z. B. “Welche Rechenregel wendest du an, um Aufgabe 3 zu lösen?”).
  • Anonymität abwägen: Bei ehrlicher Rückmeldung bevorzuge ich oft anonym; bei individuellen Förderplänen nicht.
  • Verteilung: Link via LMS, QR-Code oder direkt über Google Classroom teilen.
  • Sofortige Auswertung anschauen: Ich öffne die Antworten-Ansicht in Google Forms oder die verknüpfte Tabelle in Sheets.
  • Beispiel-Formular: Exit-Ticket Mathebrüche

    FrageTyp
    1. Ich kann Brüche kürzen (Skala)Skala 1–5
    2. Welches Ergebnis hat 2/3 + 1/6? (Multiple Choice)Multiple Choice
    3. Was war schwierig bei Aufgabe 2? (Kurzantwort)Kurzantwort
    4. Brauche ich nächste Stunde Hilfe? (Ja/Nein)Multiple Choice

    Auswertung: Schnell erkennen, wo es hakt

    Die Standard-Statistiken in Google Forms zeigen mir sofort, wie viele SchülerInnen auf den richtigen Antwortoptionen stehen. Für mich sind aber die offenen Antworten oft wertvoller: Sie zeigen Missverständnisse in den eigenen Worten der Lernenden.

    So gehe ich weiter vor:

  • Ich öffne die verknüpfte Google Tabelle, filtere durch das Feld “Brauche Hilfe?” und markiere Personen, die Unterstützung wünschen.
  • Mit bedingter Formatierung in Google Sheets (z. B. rot für niedrige Skala-Werte) sehe ich auf einen Blick Problemfelder.
  • Für eine schnelle quantitative Auswertung nutze ich Pivot-Tabellen oder die eingebaute Diagrammfunktion.
  • Nützliche Features und Add-ons

    Ein paar Tools, die meinen Workflow vereinfachen:

  • Google Sheets: Unverzichtbar zur Weiterverarbeitung, Filtern, Grafiken erstellen.
  • Flubaroo: Ein Add-on, das automatische Korrekturen und Notenvergabe für Multiple-Choice- und Kurzantworten ermöglicht (besonders für grössere Klassen praktisch).
  • Autocrat: Zum automatisierten Erstellen von Feedback-Dokumenten basierend auf Antworten (z. B. individuelles Lernblatt).
  • Data Studio (heute Looker Studio): Für aussagekräftigere Dashboards, wenn du viele Klassen oder längere Lernfortschrittsdaten visualisieren willst.
  • Feedback sinnvoll geben

    Mir ist wichtig, dass die formative Evaluation nicht bloss Daten sammelt, sondern echten Mehrwert hat. Deshalb versuche ich:

  • Feedback konkret und umsetzbar zu machen: Nicht “Gut gemacht”, sondern “Achte beim Kürzen auf gemeinsame Nenner — siehe spezielles Beispiel im Übungsblatt”.
  • Schnell zurückzukommen: Lernende profitieren am meisten, wenn Feedback innerhalb von 24–48 Stunden erfolgt.
  • Positive Aspekte zu betonen: Was klappte? Dann gezielt Übungsaufgaben für die Schwächen anbieten.
  • Differenzierung und Förderplanung

    Google Forms hilft mir, Gruppen zu bilden und differenzierte Aufgaben zu planen:

  • Nach der Auswertung teile ich die Lernenden in drei Gruppen ein: Sicher, Unterstützungsbedarf, vertiefend.
  • Ich erstelle für jede Gruppe ein unterschiedliches Übungsblatt oder eine digitale Lernstation.
  • Für Lernende mit grösserem Förderbedarf speichere ich individuelle Hinweise in einer separaten Tabelle, um gezielte Fördergespräche vorzubereiten.
  • Beispiele aus dem Unterricht

    Ein Beispiel aus meinem Unterricht: Nach einer Einführung in Quellenarbeit stellte ich ein kurzes Google-Formular mit fünf Fragen (2 Faktenfragen, 2 Quellenkritik-Fragen, 1 Selbsteinschätzung). Die Ergebnisse zeigten, dass viele SchülerInnen Probleme mit dem Unterscheiden von Primär- und Sekundärquellen hatten. Daraufhin habe ich im nächsten Unterricht eine Mini-Stationenarbeit eingebaut, die genau dieses Missverständnis adressierte. Innerhalb einer Woche stiegen die richtigen Antworten deutlich – ein klarer Gewinn durch die schnelle formative Rückmeldung.

    Datenschutz und Praktisches

    Datenschutz ist mir wichtig. Darauf achte ich:

  • Ich erkläre transparent, warum ich daten erhebe und wie sie verwendet werden.
  • Wenn möglich, nutze ich die anonyme Antwortfunktion für Klima- oder Feedback-Fragen.
  • Bei personenbezogenen Förderdaten speichere ich nur, was nötig ist, und verwende gesicherte Ordner/School-Accounts.
  • Tipps für die Praxis

  • Keep it short: Kurze Checks (3–6 Fragen) erhöhen die Teilnahme.
  • Regelmässigkeit: Kurze, wiederkehrende Checks sind wirksamer als seltene grosse Tests.
  • Variation: Kombiniere Multiple Choice mit offenen Fragen und Skalen, um unterschiedliche Einsichten zu gewinnen.
  • Lehre die Lernenden, wie sie mit Ergebnissen umgehen: Selbstreflexionsfragen sind zentral (z. B. “Was nehme ich mir für die nächste Stunde vor?”).
  • Baue Routinen ein: QR-Code auf dem Tafelrand, 3 Minuten Ende Stunde für das Exit-Ticket.
  • Mit Google Forms formative Evaluation umzusetzen, hat meinen Unterricht flexibler gemacht und meine Reaktionsgeschwindigkeit auf Lernbedürfnisse deutlich erhöht. Es ist kein Ersatz für pädagogisches Gespür, aber ein starkes Werkzeug, um dateninformierte Entscheidungen im Unterricht zu treffen und den Lernenden genau die Unterstützung zu geben, die sie brauchen.