In meinem Unterricht erlebe ich immer wieder denselben Moment: Ich gebe Rückmeldungen, gut gemeint und fachlich korrekt – und trotzdem sehe ich bei einigen Lernenden eine gebremste Motivation. Feedback soll doch stärken, nicht entmutigen. In diesem Beitrag teile ich erprobte Formulierungen, Routinen und kleine Tools, die helfen, Bewertungen so zu gestalten, dass sie klar, hilfreich und motivierend bleiben.

Warum die Formulierung so wichtig ist

Feedback transportiert nicht nur Information über Leistung, sondern auch eine Haltung. Ein kurzer, nüchterner Satz wie „Das ist falsch“ kann bei sensiblen Schülerinnen und Schülern mehr Schaden anrichten als ein längerer, wohlformulierter Kommentar. Ich achte deshalb nicht nur auf Inhalt, sondern auch auf Ton, Perspektive und konkrete nächste Schritte.

Grundprinzipien, die ich anwende

  • Beschreiben statt bewerten: Ich formuliere Beobachtungen konkret („Der Aufbau fehlt eine klare Einleitung“ statt „schlecht strukturiert“).
  • Stärken zuerst nennen: Beginne mit dem, was gut lief – das erhöht die Aufnahmebereitschaft für kritische Hinweise.
  • Konkrete nächste Schritte geben: Feedback wirkt nur, wenn es umsetzbar ist. Ich ergänze immer mindestens einen konkreten Verbesserungsschritt.
  • Ich-Botschaften verwenden: „Mir fällt auf…“ wirkt weniger anklagend als „Du hast…“
  • Wertschätzung zeigen: Kurze Anerkennung für Aufwand oder Fortschritt reduziert Angst und fördert Wachstum.

Formulierungshilfen: Positive und konstruktive Sätze

Hier habe ich Sätze gesammelt, die ich direkt in Rückmeldungen einsetzen kann. Du kannst sie anpassen und als Vorlage in deinem Bewertungsordner speichern.

Start: Stärken hervorheben

  • „Gut gelungen ist …“ – Beispiel: „Gut gelungen ist die klare Argumentation in Absatz 2.“
  • „Positiv fällt auf …“ – Beispiel: „Positiv fällt auf, wie du Fachbegriffe korrekt benutzt hast.“
  • „Dein Ansatz ist stark, weil …“ – Beispiel: „Dein Ansatz ist stark, weil du verschiedene Quellen vergleichst.“

Kritik formulieren ohne zu entmutigen

  • „Mir fehlt …“ – Beispiel: „Mir fehlt eine abschließende Bewertung am Schluss.“
  • „Es wäre hilfreich, wenn …“ – Beispiel: „Es wäre hilfreich, wenn du am Anfang eine kurze Einleitung ergänzt.“
  • „Ein konkreter nächster Schritt wäre …“ – Beispiel: „Ein konkreter nächster Schritt wäre, die Argumente stärker durch Zitate zu untermauern.“

Feinere Differenzierung nach Schülerprofil

Nicht alle Schülerinnen und Schüler reagieren gleich auf Kritik. Ich passe Formulierungen an:

  • Bei unsicheren Lernenden: sehr behutsame Sprache, kleine, erreichbare Ziele („Versuche in dieser Aufgabe nur die Einleitung zu verbessern.“)
  • Bei leistungsstarken Lernenden: direkte, fordernde Sprache mit anspruchsvollen Zielen („Erweitere dein Argument um eine zusätzliche Quelle.“)
  • Bei helfenden Peers: Ich binde Mitschüler/innen in Feedback-Prozesse ein („Kannst du Finderin X einen Tipp geben, wie sie die Struktur klarer macht?“)

Beispiele für schriftliche Bewertungstexte

Ich nutze im Alltag kurze Textbausteine, die ich kombinieren kann:

Positiv „Deine Fragestellung ist klar und fokussiert. Gut gemacht!“
Kritik + Schritt „Die Argumente sind vielversprechend. Ergänze beim nächsten Mal je Argument ein Zitat (Quelle angeben), dann wirkt die Arbeit überzeugender.“
Motivierend „Du hast Fortschritte gegenüber der letzten Aufgabe gezeigt. Weiter so! Für die nächste Aufgabe: Arbeite an der Zeitplanung, damit du alle Teile fertigstellen kannst.“

Feedforward statt nur Feedback

Ich kombiniere Feedback mit Feedforward: statt nur auf vergangene Fehler hinzuweisen, formuliere ich Vorschläge für zukünftiges Lernen. Beispiele:

  • „Beim nächsten Mal kannst du…“
  • „Für die Prüfung wäre es hilfreich, wenn du…“
  • „Als Übung empfehle ich dir … (z. B. ein kurzer Lückentext zur Grammatik bei Deutsch)“

Gespräche strukturieren: Formulierungsblätter für Rückmeldungs-Sprechstunden

In Sprechstunden nutze ich ein kleines Formular mit Satzvorschlägen, das auch Schüler/innen sehen können. Das schafft Transparenz und reduziert Angst:

  • 1) Was lief gut?
  • 2) Wo siehst du Schwierigkeiten?
  • 3) Was ist ein realistisches Ziel bis zur nächsten Aufgabe?
  • 4) Welche eine konkrete Maßnahme setzt du um?

Diese vier Schritte helfen, Gespräche fokussiert und lösungsorientiert zu führen.

Digitale Werkzeuge, die ich einsetze

Ich nutze gern Google Docs oder Microsoft OneNote für kommentierte Rückmeldungen: Dort kann ich im Text direkt markieren, kurze Kommentare hinterlassen und Vorschläge einfügen. Für Audio-Feedback verwende ich Loom oder die Sprachaufnahme-Funktion in OneNote — oft nehmen Schüler/innen eine persönliche Stimme als empathischer wahr als nur geschriebenen Text.

Beurteilungsskalen mit klarem Wortschatz

Noten sind manchmal unpersönlich. Ich kombiniere sie mit einer kurzen Skala und verständlichen Beschreibungen:

Skala Beschreibung
4–5 „Arbeit erfüllt die Erwartungen; kleinere Verbesserungen möglich (z. B. Struktur, Beispiele).“
2–3 „Grundlegende Elemente sind vorhanden, aber wichtige Aspekte fehlen noch. Konkrete Schritte: …“
1 „Wesentliche Anforderungen fehlen. Wir vereinbaren eine gezielte Nachbearbeitung in der nächsten Stunde.“

Typische Fallen und wie ich sie vermeide

  • Zu viele Hinweise: Ich beschränke mich auf maximal drei Verbesserungspunkte pro Rückmeldung.
  • Vage Formulierungen: „Verbessern“ ist zu unspezifisch — ich schreibe „mehr Beispiele/Überleitungen/Zitate“.
  • Unpersönlicher Ton: Ich vermeide Sätze, die Schuldzuweisungen implizieren.

Praktische Vorlagen zum Kopieren

Diese drei kurzen Vorlagen nutze ich häufig — du kannst sie direkt übernehmen oder anpassen:

  • Vorlage 1 (Kurzkommentar): „Stärken: … / Nächster Schritt: … / Tipp: …“
  • Vorlage 2 (Förderhinweis): „Gut gemacht: … / Übung bis zur nächsten Stunde: … (10 Minuten täglich)“
  • Vorlage 3 (Sprechstunde): „Ziel der Sprechstunde: … / Vereinbarte Schritte: … / Datum der Kontrolle: …“

Wenn du möchtest, sende ich dir gern eine druckfähige PDF mit Textbausteinen und einem Feedback-Formular, das du direkt ausdrucken und im Unterricht verwenden kannst. Schreib mir kurz, welche Schulstufe du unterrichtest – dann passe ich die Vorlagen an die Altersgruppe an.