Als Lehrerin mit langjähriger Erfahrung in heterogenen Klassen möchte ich eine praxisnahe Checkliste für Inklusion im Unterricht teilen. Diese Liste ist keine vollständige Anleitung, sondern ein kompakter Begleiter für den Alltag: schnelle Anpassungen, die oft grossen Einfluss auf Lernende mit Förderbedarf haben. Ich schreibe aus meiner Perspektive und gebe konkrete Beispiele, die ich selbst erprobt habe.
Grundprinzipien vor jeder Anpassung
Bevor ich konkrete Maßnahmen nenne, ist mir wichtig, die Haltung zu betonen: Inklusion beginnt mit Respekt und der Annahme, dass jede Schülerin und jeder Schüler Lernpotenzial hat. Ich frage mich oft:
Was braucht die Person, damit sie Zugang zum Lernstoff bekommt?Welche Stärken kann ich nutzen?Wie kann ich das Umfeld so gestalten, dass die Lernenden möglichst selbstständig arbeiten können?Diese Fragen leiten jede Anpassung — von der Sitzordnung bis zur Aufgabendifferenzierung.
Checkliste: Sicht und Zugang
Visueller Zugang ist oft der erste Schritt, damit Lerninhalte verstanden werden:
Klare Tafelstruktur: Verwende grosse, gut lesbare Schrift und strukturierte Überschriften. Ich nutze gelbe Markierungen für Lernziele und rosa für Aufgaben, damit Farben konsistent helfen.Handouts und digitale Kopien: Biete Arbeitsblätter vorab als Druckversion und als PDF an (z. B. über Moodle oder Google Classroom). So können Schülerinnen mit Leseschwierigkeiten den Text vergrössern oder Text-to-Speech verwenden.Kontraste und Schriftgrössen: Achte auf kontrastreiche Folien und mindestens 18–20 pt Schrift bei Präsentationen.Checkliste: Sprache & Instruktionen
Klare Sprache reduziert kognitive Belastung. Ich formuliere Anweisungen so, dass sie einfach nachvollziehbar sind:
Kurze Sätze: Schritt-für-Schritt-Anweisungen statt langer Absätze.Mehrkanalige Instruktionen: Sagen, zeigen, schriftlich und ggf. als Bild unterstützen. Zum Beispiel: mündlich erklären, auf der Tafel skizzieren und ein Symbol- oder Bildkärtchen zeigen.Checkfragen einbauen: „Was ist der erste Schritt?“ — solche Rückfragen klären Verständnis.Checkliste: Differenzierung von Aufgaben
Aufgaben sollten so differenziert sein, dass sie alle Lernenden angemessen fordern:
Aufgaben in Bausteinen: Ein Hauptauftrag + optionale Vertiefungsaufgaben. So können Lernende selbst entscheiden, wie weit sie gehen möchten.Verschiedene Zugangsebenen: Beispiel Mathe: Basisaufgaben mit visueller Unterstützung, erweiterte Aufgaben mit komplexeren Rechenwegen.Vorstrukturierte Arbeitsblätter: Lückentexte, Teilaufgaben in Kästchen, Lösungshinweise am Rand.Checkliste: Zeit & Tempo
Viele Lernende mit Förderbedarf profitieren von angepassten Zeitrahmen und Pausen:
Erweiterte Zeit: Gib bei Tests und komplexen Aufgaben zusätzliche Zeit. In der Klasse kann das auch bedeuten, dass Übungsphasen länger sind.Mini-Pausen: Kurze Bewegungspausen oder Sensorik-Tools (z. B. Knautschbälle) helfen bei Konzentration.Termine transparent kommunizieren: Nutze Kalender oder visuelle Countdown-Karten, damit Lernende wissen, wie viel Zeit bleibt.Checkliste: Lernumgebung & Sitzordnung
Die physische Umgebung beeinflusst Lernen stark:
Ruhige Arbeitsplätze: Stelle einen ruhigen Tisch oder eine Lernecke bereit, weg vom Durchgangsverkehr.Sinnvolle Sitzordnung: Nähe zur Lehrperson wenn nötig, flexible Sitzpläne für Gruppenarbeit.Materialzugang: Häufig benötigte Hilfsmittel (Lineal, Wörterbuch, Tablet) griffbereit aufbewahren.Checkliste: Hilfsmittel & technische Unterstützung
Technische und analoge Hilfsmittel ergänzen oft die Unterrichtsorganisation:
Text-to-Speech & Spracherkennung: Tools wie ClaroRead, Read&Write oder die integrierten Funktionen von Windows/Mac helfen bei Lese- und Schreibschwierigkeiten.Apps für Struktur: Trello, Microsoft To Do oder einfache Tagespläne in OneNote eignen sich zur Aufgabenplanung.Analoge Hilfsmittel: Vorlagen mit Rasterlinien, farbige Leselineale, Wörterbücher, Symbolkarten.Checkliste: Prüfungs- und Bewertungsanpassungen
Faire Bewertung heisst: Leistungsergebnis erfassen, Barrieren reduzieren:
Alternative Prüfungsformen: Mündliche Prüfungen, Portfolio, gestaltete Produktaufgaben statt standardisierter Tests.Transparente Bewertungskriterien: Lege die Bewertungsrubriken offen — was wird wie gewichtet?Teilprüfungen: Prüfungen in kürzere Blöcke aufteilen, Pausen erlauben.Checkliste: Soziale Teilhabe & Kooperation
Inklusion betrifft nicht nur kognitive Zugänge, sondern auch soziale Begegnung:
Peer-Mentoring: Ich habe gute Erfahrungen mit Einführungen in Peer-Hilfe. Zweier- oder Dreierteams funktionieren oft gut.Klassenregeln gemeinsam erarbeiten: Regeln für respektvolles Miteinander stärken die Gruppenstruktur.Kooperative Lernformen: Strukturierte kooperative Aufgaben mit klaren Rollen (Moderator, Schreibperson, Zeitwächter).Beispieltabelle: Konkrete Anpassungen nach Bedarf
| Herausforderung | Konkrete Anpassung | Beispiel / Tool |
|---|
| Leseschwierigkeiten | Texts in einfacher Sprache anbieten; Audiofassung | Leichte Sprache Texte; Read&Write, VoiceOver |
| Rechtschreib- / Schreibprobleme | Schreibzeit verlängern; Diktierfunktion nutzen | Dragon NaturallySpeaking, Google Docs Spracherkennung |
| Konzentrationsprobleme | Arbeitsphasen kürzen; Bewegungspausen einplanen | Pomodoro-Timer, Sitzbälle |
| Mathematische Verständnisprobleme | Konkrete Materialien, Rechenrahmen, visuelle Hilfen | Geobrett, Rechenrahmen, visuelle Anleitungen |
Kommunikation mit Eltern und Fachpersonen
Gute Abstimmung mit Eltern, Schulpsychologinnen und Therapeuten ist zentral. Ich achte darauf:
Offene und wertschätzende Kommunikation: Erkläre, welche Anpassungen du im Unterricht vornimmst und warum.Regelmässige Rückmeldungen: Kurze Feedbacks per E-Mail oder Gesprächsnotiz helfen, Anpassungen zu evaluieren.Gemeinsame Ziele definieren: Formuliere erreichbare Ziele (z. B. «selbstständiges Arbeiten an einer Aufgabe»).Reflexion & Dokumentation
Ich dokumentiere Anpassungen kurz und formuliere Lernziele messbar:
Dokumentationsbogen: Kurze Notizen: Welche Anpassung, für wen, wie wirksam?Erprobungsphasen: Neue Hilfsmittel zwei bis drei Wochen testen und dann anpassen.Schüler-Feedback einholen: Ich frage die Lernenden, ob sie die Anpassung hilfreich fanden.Wenn du möchtest, kann ich eine druckbare Checkliste im PDF-Format vorbereiten, die du anpassen und im Kollegium teilen kannst. Sag mir kurz, welche Schulstufe oder welche speziellen Bedürfnisse bei dir besonders relevant sind — dann passe ich die Liste gezielt an.